Stettiner Hütte (2.875 MünN) am Meraner Höhenweg zerstört

Die gute Nachricht vorweg:

Der Neubau der Stettiner Hütte wurde am 24. Juli 2022 nach nur zweijähriger Bauzeit feierlich eröffnet!!

 

Ausgelöst durch einen gewaltigen Lawinenabgang am 06.02.2014 in der Mooser Fraktion Pill in der Nähe von Moos in Passeier am Eingang in das Pfelderer Tal, bei der sich riesige Schneemassen am Pamerhof vorbei talwärts schoben, führten Lawinenexperten vom Landeszivilschutz mit einem Hubschrauber einen Erkundungsflug in dieser Region bis in das Talende des Pfelderer Tales durch. Dabei entdeckte die Besatzung, dass die Stettiner Hütte (2.875 MünN) durch eine verheerende Schneelawine zerstört worden war. Rund die Hälfte des Schutzhauses wurde dabei von einer Staublawine weggerissen. Das Ausmaß der Verwüstung ließ nur erahnen, welche Massen an Schnee sich über die steilen Hänge unterhalb der Hohen Wilde (3.480 MünN) mit all ihren zerstörerischen Kräften talwärts gewälzt haben müssen. Wann dieses Unglück tatsächlich geschah, ließ sich nicht feststellen. Neuschnee hatte den Lawinenabgang bereits wieder vollständig bedeckt. So wurde vermutet, dass bereits im Januar 2014 in Folge der anhaltenden massiven Schneefälle die Lawine abgegangen war und Teile der Stettiner Hütte mit sich riss.

In einem Artikel in der Dolomitenzeitung, Ausgabe vom 15.02.2014, war zu lesen, dass am Tag zuvor Theodor Rösch vom Landesamt für Vermögen und Ralph Rathiens vom Landesamt für Bauererhaltung zusammen mit dem Hüttenwirt Andreas Schwarz aus Moos in Passeier mit dem Helikopter zum Ort des Geschehens geflogen waren, um sich dort einen möglichst umfassenden Überblick über das Ausmaß des Schadens zu verschaffen. Mit dabei war auch Christian Gufler (gleichfalls aus Moos), der die Stettiner Hütte vor Jahren errichtet hatte. Nach der Inaugenscheinnahme kamen die Beteiligten zu dem Ergebnis, dass die Stettiner Hütte nicht mehr sanierungsfähig war. Maßgeblich hierfür war, dass durch die Wucht der Lawine der gesamte Bau um einige Zentimeter verschoben worden war und es damit an der notwendigen Statik des zur Hälfte zerstörten Hauses fehlte. Ob ein Neubau am alten Standort möglich und sinnvoll erschien, blieb dabei zunächst offen. Zur abschließenden Beurteilung war die Hinzuziehung von Geologen erforderlich. Die Kosten für den Wiederaufbau wurden auf mind. EUR 1 Mio. geschätzt.

Quelle Bilder 1-3: www.provinz.bz.it/news/de; veröffentlicht: Bild 1: 10.02.214; Bild 2: 25.02.214; Bild 3: 16.09.2014
Quelle Bild 4:       www.mtb-news.de; veröffentlicht 13.07.2014


Bild 1: Stettiner Hütte durch eine Lawine im Winter 2013/2014 zerstört                Bild 2: ein großes Loch klafft in der Stettiner Hütte auf der Eingangsseite
Bild 2: bis zum Dachgeschoss im Schnee versunken (Rückansicht)                            Bild 4: die Eingangsseite der Stettiner Hütte wurde halb weggerissen

Das Schutzhaus Stettiner Hütte etwas unterhalb vom nahen Eisjöchl (2.895 MünN) am Übergang vom Pfossental in das sich nach Nordosten hin anschließende Pfelderer Tal war bis dahin ein strategisch außerordentlich wichtiger Stützpunkt auf dem viel begangenen Meraner Höhenweg. Vor diesem Hintergrund war die Forderung nach einem möglichst raschen Wiederaufbau sofort unüberhörbar. Bis dahin musste aber auch nach Ansicht des Alpenverein Südtirol AVS zumindest ein Provisorium geschaffen werden. Dazu erging am 13.05.2014 ein offener Brief seitens des AVS an den Landeshauptmann Arno Kompatscher (die Autonome Provinz Bozen ist Eigentümer der Stettiner Hütte). Denn würde dieser so eminent wichtige Stützpunkt am Meraner Höhenweg für längere Zeit ausfallen, könnte die Zerstörung des Schutzhauses zu finanziellen Einbußen führen und sich somit auf zahlreiche Berggasthöfe entlang des Premiumweges spürbar negativ auswirken. So wurde mit Zustimmung der Landesregierung in Windeseile ein Provisorium direkt neben der zerstörten Stettiner Hütte in Holzbauweise errichtet. So konnte zumindest eine Bewirtung der vorbeikommenden Wanderer auf dem Meraner Höhenweg sichergestellt werden. Diese Hütte war seit dem 14.07.2014 allerdings nur im Tagesbetrieb geöffnet. Übernachten konnten vorbeikommende Bergsteiger/Wanderer jedoch nur in Notfällen. Dafür waren 12 Notschlafplätze geschaffen woden.

 

Bis über den Neubau der Stettiner Hütte Klarheit geschaffen war, musste vorerst der Eishof auf dem Weg vom Pfossental hinüber in das Pfelderer Tal (bzw. umgekehrt je nach Gehrichtung) die strategisch bedeutsame Funktion der Stettiner Hütte im Rahmen seiner nur begrenzten Möglichkeiten übernehmen. Denn im Gegensatz zur Stettiner Hütte mit ihren 80 Betten und 20 Matratzen-lagern bietet der Eishof nur Platz für 28 Personen nebst 10 Matratzenlagern. Die nicht weit davon entfernt gelegenen Hütten der Rableid Alm und der Mitterkaser Alm konnten da kaum zu einer Entlastung beitragen, da sie jeweils nur über ein noch kleineres Übernachtungsangebot verfügen. Damit blieb vielen Bergfreunden vorerst zumeist nur der weite Weg vom Vorderkaser (1.700 MünN) über das Eisjöchl (2.895 MünN) hinweg nach Pfelders (1.625 MünN) als Tagesetappe, wenn sie dieTexelgruppe auf dem Meraner Höhenweg umrunden wollten. Für die somit rd. 22,00 km lange, ambitionierte Wegstrecke mit zusammen rd. 2.730 Hm im Aufstieg/Abstieg musste man ca. 8:40 Std. reine Gehzeit einkalkulieren. Sie erforderte mithin eine gehörige Portion Ausdauer und Kondition.

 

Auch aus Sicht der Landesregierung gilt die Stettiner Hütte als Herzstück des alpinen Tourismus im Passeiertal und am Meraner Höhenweg, weshalb der Neubau tatkräftig unterstützt würde. So hatte die Landesregierung im Rahmen des Raumprogramms am 16.09.2014 den Neubau genehmigt und eine schnellstmögliche Realisierung angesichts ihrer Bedeutung versprochen. Nach der ersten Planung gäbe es 80 Betten in Vierer-, Sechser- bzw. Achter-Kojen und weitere 20 in einem Lager, dazu drei Stuben für insgesamt 110 Gäste, Bar, Küche, WCs und Waschräume sowie die notwendigen Räumlichkeiten für Pächter und Personal. Darüber hinaus würde die Trinkwasserversorgung der Hütte erneuert, indem eine unterhalb der Hütte gelegene Quelle gefasst und das notwendige Pump-system installiert würde.

Nachdem die Geologen jedoch feststellen mussten, dass es keinen geeigneten Alternativstandort für die Stettiner Hütte gibt, müsse zudem der Lawinenschutz verbessert werden, um den Stützpunkt am alten Standort und damit in unverändert exponierter Lage gegen Staublawinen zu schützen. Dazu würde es notwendig sein, eine geeignete Schutzmauer in die Hütte zu integrieren, um die Landschaft nicht zu beeinträchtigen. Die Neubaukosten für die Stettiner Hütte würden in Folge dessen deutlich höher als ursprünglich angenommen ausfallen und sich nach neuen Berechnungen auf ca. EUR 3,30 Mio. belaufen. Die Grundlage für diese Planung wurde durch das Raumprogramm geschaffen und damit zugleich die Voraussetzungen, um den beabsichtigten Planungs-wettbewerb auf die Beine stellen zu können. Auf dieser Basis sollte die Planung in 2015 abgeschlossen und die neue Stettiner Hütte 2016 gebaut werden können.

 

Die Arbeiten zum Bau der neuen Stettiner Hütte wurden mit deutlicher Verspätung nach einer europaweiten Ausschreibung endlich im Mai 2020 an zwei heimische Unternehmen aus dem Passeiertal vergeben (Investitionssumme: € 3,155 Mio.). Beide Unternehmen haben daraufhin unmittelbar mit den erforderlichen Arbeiten begonnen. Für die notwendige Bauzeit sind 3 Jahre veranschlagt. Das Zeitfenster für die Durchführung der Arbeiten umfasst lediglich den Zeitraum von Anfang/Mitte Juni bis Ende September/Anfang Oktober. Das Baumaterial wird über eine Materialseilbahn transportiert; die Arbeiter hingegen werden zu Wochenbeginn hinaufgeflogen. 

 

Durch die effizienten Koordinationen der Arbeiten und dem besonders engagierten Einsatz der Mitarbeiter auf der Baustelle konnten die Arbeiten für den Neubau bereits im Oktober 2021 zu großen Teilen abgeschlossen werden. Da die verbliebenen Bauausführungen für die Elektrik und die Verlegung der Stein-, Fliesen- und Holzbeläge gleichfalls reibungslos verliefen, konnte die neue Stettiner Hütte bereits am 01. Juli 2022 und damit ein Jahr früher als geplant ihren Betrieb aufnehmen. Die offizielle Eröffnungsfeier fand am 24. Juli 2022 statt.  

Das neue Schutzhaus umfasst im Erdgeschoss den Eingang mit Stube und Theke für insgesamt 96 Gäste, die Küche mit Nebenräumen (Waschküche und Lagerräume), Sanitärräume und Zimmer für Gäste mit Hunden. Im 1. Obergeschoss befinden sich die Räume des Pächters und des Personals sowie ein Winterlager; im 2. und 3. Obergeschoss sind die restlichen Gästebetten aufgestellt. Insgesamt beträgt die Kapazität der Schutzhütte 91 Betten. Die Betten sind aufgeteilt in Schlafsäle für 4, 6 und 8 Personen. Daneben gibt es einen großen Schlafsaal für 20 Personen. 

 

 

Der Meraner Höhenweg hat seinen wichtigsten alpinen Stützpunkt zurück! 

 

Im Rahmen einer Feierstunde wurde das landeseigene Schutzhaus durch Landeshauptmann Arno Kompatscher zusammen mit Massimo Bessone (Hochbau- u. Vermögenslandesrat) und Gottfried Gufler (Bürgermeister von Moos in Passeier) in Anwesenheit zahlreich geladener Gäste am 24. Juli 2022 offiziell eröffnet. Zuvor hatte die Pächterfamilie Schwarz-Fontana, die die Hütte schon seit über 30 Jahren mit viel Engagement und erfolgreich führt, den Betrieb zum Start in die Sommersaison am 01. Juli 2022 aufgenommen.

Lange mussten die bergbegeisterten Wanderer auf diesen Tag warten. Umso erfreulicher ist es, dass trotz schwieriger Rahmenbedingungen der Neubau im Hochgebirge nach nur zweijähriger Bauzeit schneller als erwartet / geplant fertig gestellt werden konnte. 

 

 

Anmerkung:

Wenn man die "alte" Stettiner Hütte -wie wir sie kennen- in Erinnerung bringt, ist der Neubau in unseren Augen doch sehr gewöhnungsbedürftig. Das Land Südtirol formulierte bei seiner Entscheidung über den Ausschreibungs-entwurf, dass es die Formgebung des Neubaus im Vergleich zum Vorgängerbau für zeitgemäß und ansprechend findet und sich der Baukörper harmonisch in das Landschaftsbild einfügt.

 

 

 

Über den nachfolgenden Link gelangt man zu einer sehenswerten Fotogalerie der neuen Stettiner Hütte:

aktuelle Bilder zur neuen Stettiner Hütte

 

 

(August 2022)

Bilderserie über die Stettiner Hütte vor und nach der Zerstörung

Bild  5: Stettiner Hütte in 09.2012  (vom nahen Eisjöchl)                            Bild  6: Stettiner Hütte als Provisorium in 09.2014 (auf dem Weg zum Eisjöchl)

Bild  7: Stettiner Hütte (Stirnseite) in 09.2012                                          Bild  8: Stettiner Hütte (Stirnseite) in 05.2014 (Quelle: www.stol.it; 13.05.2014)

Bild  9: Stettiner Hütte (Rückansicht) in 09.2012                                       Bild 10: von der Stettiner Hütte ist nur noch die Bodenplatte zu sehen (09.2014)

Bild 11: Provisorium teils auf Stelzen gestellt (09.2014)                              Bild 12: neben der Bodenplatte der einstigen Stettiner Hütte steht das Provisorium (09.2014)

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© Heinz-Günter Schyma